Scheitern und Erfolg – DAS macht den Unterschied aus

Vor kurzem hatte ich mit meinem liebsten Göttergatten ein Gespräch über Scheitern und Erfolg gehabt. Er war zuvor im World Wide Web unterwegs gewesen und hatte da ein paar sehr interessante Fälle gefunden. Es ist erstaunlich wie viel Einsatz einige Menschen in ihre Arbeit stecken, und am Ende doch so wenig dafür bekommen haben.

Beispiel 1: Das Paar mit dem Kiosk

Da gab es dieses eine Pärchen, das sich diesen Traum von finanzieller und beruflicher Freiheit erfüllen wollte und daraufhin einen Kiosk eröffnet hat. Die Pacht war für die Lage angemessen und es kamen auch recht viele Menschen in ihren Kiosk – hatte also auch eine gute Umgebung. Die beiden wollten den Laden so lange es ging geöffnet haben und stellten zwei Angestellte ein, die ihnen ein paar Stunden die Arbeit im Kiosk abnehmen sollten. Natürlich standen sie auch regelmäßig in ihrem Geschäft, aber hinter den Kulissen gab es genügend zu tun. Sie kauften die Produkte, die sie in ihrem Laden verkaufen wollten beim Großmarkt, räumten alles in die Regale und kümmerten sich um die Sauberkeit im Kiosk. Beide kümmerten sich regelmäßig um die Buchhaltung und hatten ihren Kiosk sieben Tage die Woche geöffnet. Irgendwann kamen noch ein paar andere Einnahmequellen hinzu, die aber ebenfalls Geld kosteten.

Das Pärchen war von sieben Uhr in der Früh, bis neun Uhr am Abend bloß noch mit dem Kiosk beschäftigt. Es gab nicht viel Freizeit für einander, die Familie und auch keine Zeit mehr für Freunde – höchstens noch eine kleine Statusmeldung auf Facebook oder in der Pause eine SMS. Wenn einer von beiden nicht im Laden stand, machte er die Buchhaltung, den Einkauf oder überprüfte noch mal die Warenbestände.

Das Ende vom Lied war, dass ihr Bruttogewinn gerade mal etwas um die 1.600 Euro war. Davon dann noch die Steuern abgezogen, und von der finanziellen Freiheit war nichts mehr zu spüren. Ich habe keine Ahnung, wie es aktuell bei den beiden aussieht, aber so wie sich das alles anhört, ist es auch kein Wunder, dass die beiden in einem zeitlichen und finanziellen Problem stecken.

Was sind die Probleme?

Erster Fehler: Der Einkauf. Sicher ist es notwendig den Einkauf zu machen, irgendwie muss man ja an die Ware kommen. Aber bei den Beiden zeigt sich hier schon der erste Fehler. Sie kaufen beim Großmarkt ein. Sicher ist der für geschäftliche Käufe gedacht – und bei manchen Firmen bzw. einigen Produkten mag es Sinn machen – deutlich günstiger geht es aber, wenn man die Ware nicht beim Großmarkt (also dem Zwischenhändler) kauft, sondern direkt beim Verkäufer. Man sieht sie überall, die großen LKWs vom Getränkelieferanten, der sämtliche Sorten von Getränken vorbei bringt – und die kommen garantiert nicht vom Großmarkt. Durch den Kauf direkt vom Getränkelieferanten (und auch anderweitig direkt über den Hersteller), spart das Pärchen ordentlich. Hier fehlt dann nämlich der Zwischenhändler und die Ware ist bedeutend günstiger.

Der zweite Fehler: Sie gehen selbst einkaufen. Im Restaurant, wenn ich um die Ecke einen Obst- und Gemüsemarkt habe, von dem ich die Lebensmittel frisch, regional und saisonal kaufen kann, macht es Sinn, wenn ich mir vor Ort ein Bild über die aktuellen Lebensmittel mache. Bei einem Kiosk ist das allerdings nicht sinnvoll. Beim Kauf der Waren geht man ja davon aus, dass sie nicht über dem Verfallsdatum sind – und sollte es doch mal vorkommen, dass man eine Mangelware geliefert bekommen hat (Beispielsweise ein Paket mit abgelaufenen Bifis), kann man dies schnell und einfach telefonisch (oder besser noch schriftlich) beim Lieferanten bemängeln und eine Ersatzlieferung (natürlich kostenfrei) zugestellt bekommen. Würde das Paar sich nun ihre Produkte liefern lassen, würden sie dadurch enorm viel Zeit sparen. Allein dadurch, dass sie zum Großmarkt fahren, für diverse Waren wahrscheinlich noch durch den ganzen Laden laufen und das ganze dann an der Kasse scannen lassen müssen, anschließend wird alles im Wagen verstaut und dann im Geschäft muss alles ins Lager bzw. auch schon in die Regale. Da sind (je nach Entfernung und Größe des Wagens – vielleicht ist es ja nicht groß genug und man fährt öfter) zwei bis drei Stunden für den Einkauf nichts. Ist das Auto dann auch noch relativ klein und man muss vielleicht mehrmals die Woche los, kostet das nur noch mehr Zeit – und natürlich auch Sprit! Würde das Pärchen sich die Produkte stattdessen liefern lassen und muss es am Ende nur noch kontrollieren, ob auch wirklich alle bestellten Produkte geliefert wurden, dann wird bar bezahlt, die fehlenden Produkte in der Liste vermerkt, eine Unterschrift und fertig. Je nach gelieferter Menge nimmt das vielleicht eine halbe Stunde ein; und nicht wie vorher zwei bis drei Stunden. Stichwort: Zeitmanagement!

Fehler Drei: Die zusätzlichen Einnahmequellen des Paares sind finanziell eigentlich gar nicht sooo schlecht. Denn: Sie sind Kosten deckend und bringen darüber hinaus auch etwas ein. Allerdings sind sie sehr zeitaufwendig und wenn man bedenkt wie viel Arbeit und Zeit dort hinein investiert werden – und wie viel man wieder kaufen muss, damit es läuft – man dann aber dagegen rechnet wie viel man netto dabei raus bekommt (nämlich 50 Euro), dann ist das alles andere als wirtschaftlich. Sicher: 50 Euro, haben oder nicht haben. Aber wenn ich so etwas machen würde und wüsste vor lauter Arbeit gar nicht mehr wo mir der Kopf steht, würde ich eher die 50 Euro sein lassen, als dass ich mich weiter auf diese Einnahmequelle versteife.

Daraus resultiert: Das Paar ist nicht gut organisiert, hat kein vernünftiges Zeitmanagement und scheint auch nicht gegen zu rechnen, welche Tätigkeit sich wirklich lohnt. Würde das Pärchen seine Aufgaben abgeben (zum Beispiel den Einkauf auf den Lieferanten abwälzen, dass sie es nur noch entgegen nehmen müssen), hätte es mehr Zeit für wichtigere Dinge, wie etwa die Werbung oder einen Aktionsplan – würde das Pärchen kalkulieren welche Tätigkeit wie viel Zeit in Anspruch nimmt und welcher Stundenlohn dabei rum kommt, würde es zusehen, dass sich dafür eine bessere Lösung findet, und würde das Paar die Bestellung an die richtige Adresse senden, könnte es die Kosten reduzieren.

Beispiel 2: Vom Obdachlosen zum erfolgreichen Kiosk-Betreiber

Mein Mann und ich kannten mal einen Herrn, der eine ganze Zeit lang in seinem Auto gelebt hat, weil er keine Sozialhilfe bekommen hatte und bei Freunden aus Platzgründen keinen Unterschlupf fand (das wollte er aber ohnehin nicht annehmen, dafür war er sich zu stolz). Eines schönen Tages hatte es sich ergeben, dass er eine kleine leer stehende Geschäftsfläche am Hafen fand. Die Lage war gut und er hatte sich bei einem Freund, der einen kleinen Mini-Supermarkt aufgemacht hatte, erkundigt, wie er das alles handhabte. Anschließend war er zu dem Verpächter gegangen und hat sich das Objekt zugelegt. Nachdem man ihm finanziell unter die Arme gegriffen hatte, konnte er gleich loslegen. Es fing mit ein paar Getränken, Lebensmitteln und Süßigkeiten, sowie Knabberkram aber auch mit einigen Hygieneartikeln. Im Sommer konnte es ganz schön warm werden und er war sich sicher, dass der eine oder die andere so ein Deodorant gut gebrauchen könnte.

Aufgrund der vielen Passanten, die tagein tagaus vorbei kamen, waren da (besonders in der Saison) auch jede Menge Menschen dabei, die sich gerne spontan bei ihm umgesehen haben. Als vermehrt die Menschen nach diesem oder jenem gefragt hatten, hatte er sich im Vorfeld schlau gemacht wo er günstige Angebote einholen konnte und erweiterte dadurch sein Sortiment, unter anderem mit USB-Sticks, Handyschalen und Ladekabeln, aber auch mit Prepaid-Karten, Sim-Karten und Mobiltelefone. Die Erweiterung seines Sortiments schlug an und er machte mit dem Verkauf seiner Waren mehr Umsatz. Regelmäßig wechselnd, mit zwei weiteren Angestellten und seiner Schwester, findet er dadurch immer die Zeit sich um buchhalterische Notwendigkeiten zu kümmern oder nach besseren Angeboten Ausschau zu halten.

Und das hat er richtig gemacht:

Kalkulation

Bevor etwas in die Tat umgesetzt wurde, hat er sich im Vorfeld schlau gemacht, wie viel er ausgeben musste und welche Käufe sich tatsächlich gelohnt haben. Und natürlich hat er seine Produktmenge – und die Auswahl dessen – nach den meisten Kundenwünschen ausgerichtet. Kam die Frage nach einem Produkt verhältnismäßig oft, hat er sie in seinem Programm aufgenommen. Wurde nur sporadisch danach gefragt, hat er sich damit nicht weiter beschäftigt.

Zeitmanagement

Wenn er etwas gebraucht hat, hat er es sich liefern lassen und die Ware (je nach Schicht) selbst eingeräumt oder einräumen lassen. Zwar war sein Kiosk auch jeden Tag geöffnet, aber es gab deutlich humanere Geschäftszeiten und er hat sich auch den einen oder anderen Tag davon befreit hinter dem Tresen zu stehen. Anstatt alles immer kontrollieren zu müssen, hat er den Mitarbeitern die wichtigsten Informationen gegeben (Worauf ist zu achten? Wer muss in welchem Fall angerufen werden? Was ist zu tun, wenn xy passiert? Und so weiter) und nach einigen Probetagen, war ihm klar, dass er ihnen ruhig den Laden überlassen konnte.

Renner und Penner

Ein Eis am Kiosk ist nicht ungewöhnlich, macht im Winter aber nicht besonders viel Sinn, weshalb er das Sortiment für den Sommer und den Winter regelmäßig abwandelt. Wozu die ganze Zeit im Winter Eis verkaufen wollen, wenn es doch eh keiner isst? Natürlich hat er noch die beliebtesten Sorten (zum Beispiel Magnum) auf Vorrat, aber davon auch nicht mehr als nötig. Stattdessen florierte das Geschäft mit den warmen Snacks im Winter deutlich besser.

Die Lage

Der Standort für seinen Kiosk ist ideal gewählt. Zwar gibt es in der endlos langen Straße noch andere kleiner Mini-Geschäfte, aber die belaufen sich auf gerade mal 3 Stück (ihn eingeschlossen). Dadurch sind diese kleinen Supermärkte auch schön weit voneinander entfernt, weshalb die nahe gelegenen Passanten aus dem Hotel natürlich zu seinem Kiosk gehen, der ist nämlich bedeutend günstiger. Und Supermärkte gibt es an der Promenade auch nicht, nur Restaurants und Imbisse. Wer also zu Fuß unterwegs ist und gerne an der Hafenpromenade bummelt, kommt früher oder später an seinem Kiosk vorbei – und irgendwas kann man immer gebrauchen: Tampons, Batterien, etwas kühles zu trinken, einen kleinen Snack für zwischendurch – auch für die Ernährungsbewussten ist etwas dabei: und zwar Obst.

Das alles zeigt deutlich, welche kleinen aber feinen Unterschiede die Aussichten auf Erfolg bringen und welche Veränderung ein Geschäft zum Scheitern verurteilen.

About the author

Verena Walter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

You may use these HTML tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>