Jung vs. Alt

Ich kriege regelmäßig die Krise, wenn ich ältere Menschen davon reden höre, dass die Jugend keinen Respekt vom Alter hat, aber umgekehrt ebenfalls kein Weg geebnet zu sein scheint. Ich kann beide Seiten verstehen, die sich über den anderen echauffieren und meinen im Recht zu sein – sind sie vermutlich auch. Aber oftmals ist es so, dass die jüngere Generation sich schwer in das Leben älterer Menschen einfühlen, während die Älteren zuweilen vergessen wie es ihnen damals als Kind gegangen ist.

In dieser Hinsicht würde ich gerne ein wenig Aufklärung betreiben und versuchen die weit auseinander liegenden Generationen ein Stück weit zusammen zu führen. Hierbei geht es nicht darum mehr Mitleid mit dem anderen zu haben, sondern sich in den anderen einzufinden und zumindest mal gedanklich kurz in dessen Schuhen zu stecken.

Fangen wir an.

Die Jugend

Angefangen von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr müssen die Kinder sich in der Gesellschaft und in der Familie einfinden. Jeder hat dort (ob er will oder nicht) eine Rolle und wenn es auch nur die Rolle der Mutter, der Großmutter, der Tochter oder des Familienhundes ist. Damit die Familie funktioniert, muss jeder mitspielen und die Kinder und Jugendlichen bekommen ihre ersten Pflichten, bei denen harte Konsequenzen warten, wenn diese nicht (oder nicht zufriedenstellend) ausgeführt wurden.

Sicher ist es richtig, wenn das Kind den Abwasch machen soll, dass es alles abwäscht und dabei gründlich ist, aber auch bei den häuslichen Pflichten muss man aufpassen, dass man es nicht übertreibt. Denn neben den Familienpflichten haben die Kinder viele Aufgaben aus der Schule mit nach Hause genommen und müssen sich um diese ebenfalls kümmern. Abgesehen davon gehen sie von montags bis freitags in die Schule und müssen sich dort mit Mitschülern, Lehrkräften und Fächern herumschlagen, die ihnen überhaupt nicht gefallen. Und dennoch soll das Kind gute Noten abliefern – zwar nicht immer unmöglich, bei manchen Kindern aber zu viel verlangt.

Manche werden es vielleicht auch bei der einen oder anderen Familie mitbekommen haben: Es gibt Eltern, die etwas von ihrem Kind wollen, sich dann aber wundern, dass es nicht „gehorcht“ und werden daraufhin ungehalten. Dabei ist die Sache ganz einfach zu verstehen: Kinder sind keine Maschinen. Sie wurden nicht gebaut um „zu gehorchen“, sondern es sind eigenständige Individuen mit eigenen Wünschen, Träumen, Bedürfnissen und Zielen, bei denen es auch völlig in Ordnung ist, wenn das Kind nicht aufspringt, wenn die Eltern etwas wollen.

Hinzu kommen die zahlreichen Regeln, die nur für Kinder gelten. Während man als Erwachsener tun und lassen kann was man möchte (sofern man sich an die Regeln des Staates hält), sind die Kinder dazu angehalten sich an diese und jene Regeln zu halten. Das ist besonders schwierig, wenn die Eltern zuweilen doppelmoralisch vorgehen und beispielsweise die Zigarette qualmend ihrem Kind erklären, dass es sehr schädlich ist zu rauchen. Die Eltern mögen mit ihrem Argument Recht haben, aber wie scheinheilig wirkt es, dem Kind zu erklären, dass etwas schlecht ist, wenn man es selbst praktiziert? Noch schlimmer ist es, wenn Erwachsene den Kindern das Gefühl geben, dass sie von nichts eine Ahnung haben. Getreu dem Motto: „Du kannst da nicht mitreden, du hast keine Ahnung“ oder „Rede nicht dazwischen, wenn sich Erwachsene unterhalten.“ In diesem Fall könnten Eltern es ihren Kindern viel einfacher machen (auch für die Zukunft), wenn sie ihnen so viel Respekt entgegen bringen, dass sie ihren Kindern die Lage erklären und ihnen helfen sich eine eigene Meinung bilden zu können.

Kinder wachsen zudem sehr schnell aus dem Jungsein und dem Spaß raus und werden nach der Schule ins Studium oder in eine Ausbildung geworfen, um möglichst bald mit der Arbeit zu beginnen. Der Ernst des Lebens beginnt und das Kindsein hat ein Ende.

Wer also meint, die Kindheit wäre „ganz leicht“, der irrt. Sicher hat man als Kind keine lästigen Verpflichtungen wie das Zahlen der Miete, die Einkäufe, Erinnerung an Arzttermine und dergleichen – aber einfach ist das Leben dennoch nicht.

Das Alter

Gesunde Ernährung, geistige und körperliche Aktivitäten halten lange gesund!

Aber auch im zunehmenden Alter wird es für viele Menschen schwerer. Neben etlichen Krankheiten, die einem das Älterwerden erschweren, kommen etliche motorische wie geistige Handycaps infrage, von denen man betroffen sein kann. Bei vielen von ihnen gibt es Medikamente, die den Umgang mit der Krankheit erleichtern, hierfür ist es wichtig, dass entweder jemand da ist, der ihnen regelmäßig die Tabletten reicht oder dass sie mithilfe von Tablettendosen in der Lage sind die richtigen Tabletten zur rechten Zeit zu nehmen.

Darüber hinaus ist es im Alter nicht ungewöhnlich, dass man auf die Hilfe anderer angewiesen ist und sich dabei regelrecht unnütz vorkommt. Die Kinder brauchen einen nicht mehr, ziehen meist noch in eine andere Stadt (vielleicht sogar in ein anderes Bundesland) und während man älter wird, verliert man den einen oder anderen Freund. Die Mobilität ist eingeschränkt, manchmal vergisst man was man eben noch tun wollte und wenn es ganz schlimm wird, kann man nicht mehr alleine wohnen.

Es ist schwer für Menschen, die sich sehr über die errungene Selbstständigkeit gefreut haben und dann wieder bei 0 stehen, weil die körperliche und geistige Leistung nachlässt. Das ist schwer zu akzeptieren und macht es mit zunehmenden Problemen immer schwieriger. Man möchte gebraucht werden, will vielleicht noch ein paar Ziele erreichen, hat Lust noch etwas zu erleben – und der eigene Körper macht nicht mehr mit.

Es ist kein Kinderspiel mit tieftgreifenden Veränderungen wie diesen klar zu kommen, vielleicht sogar im Rollstuhl sitzen zu müssen oder eine Betreuung zu benötigen und zu wissen, dass man an der Situation nicht viel ändern kann. Sicher gibt es Möglichkeiten seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen und mit der einen oder anderen Übung kann man die Motorik verbessern – aber bei manchen Dingen kann man nicht viel tun.

Daher sollte man verstehen, dass viele Momente, in denen die Senioren so garstig, biestig und wütend reagieren, nichts mit dem Umfeld zu tun haben, sondern damit wie es in ihrem Inneren aussieht. Wer möchte schon Erwachsen werden und alle Vorzüge der erwachsenen Freiheit genießen, um sie zum Lebensende wieder abzugeben?

Eure Meinung

Wie seht ihr das? Fallen euch noch weitere Punkte ein? Könnt ihr aus Erfahrung sprechen? Ich freue mich über euren Beitrag.

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Verena Walter

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