Vor Kurzem ist eine Freundin an mich heran getreten und erzählte mir von einer Nachhilfeschülerin, die bereits jetzt schon freies Lernen praktiziert – in der Grundschule. Nun gut, dass man nicht immer den gleichen Lehrweg gehen kann, das verstehe ich noch, und es ist auch gut hin und wieder neue Methoden in Erwägung zu ziehen. Aber was hat man sich bitte dabei gedacht?
Warum ist es gut neue Wege zu gehen?
Würden wir die Lehrmethoden von früher noch beibehalten, dann wäre es völlig legitim, wenn der Lehrer seine Schüler für Faulheit, Ungehorsam und dergleichen bestraft. Dabei ging man aber nicht so vor wie heute, dass der Schüler einfach vor die Klasse geschickt wurde oder einen Text zig mal aufschreiben sollte. Zu früheren Zeiten haben die Lehrer eine Rute oder ein Lineal da gehabt, mit dem sie den Schülern auf die Finger oder den Hintern gehauen haben.
Sicher haben die Schüler damals gespurt, sie wollten ja auch keine Dresche haben. Genau so wie die Kinder Zuhause alles tun, was die Eltern wollen, wenn ihnen Daheim beim Nichtstun schwere Konsequenzen drohen. Aber will man das für sein Kind? Natürlich nicht! Also mussten Veränderungen her!
Und welche Wege geht man heute?
Eigentlich ist es so, dass den Kindern immer noch etwas beigebracht wird, allerdings bekommen die Kinder nicht bloß den Lehrstoff eingeimpft, sondern (im Idealfall) eine pädagogische Fachkraft an die Hand, die ihnen nicht nur mit eiserner Strenge entgegen kommt, sondern auch ein Ohr für die Bedürfnisse der Kinder hat. Dementsprechend sind viele Jugendliche heutzutage auch ganz anders als früher.
Aber nun hat man sich etwas ganz Neues ausgedacht, und zwar das „freie Lernen“. In der Grundschule sollen nun die Kinder in kleinen Gruppen eigenständig verschiedene Dinge lernen, unter anderem nach Gehör schreiben und selbstständig lesen. Das klingt für den einen oder anderen nach einer kreativen Methode, die Kinder selbstständig etwas lernen zu lassen – und das ist im Grunde auch nicht verkehrt.
Aber mal im Ernst: Was ist so falsch daran die Kinder in die grundlegenden Arbeiten erst einmal einzuführen und sie bis dahin an die Hand zu nehmen? Nun lernen die Kinder beispielsweise das Wort „Vogel“ eine ganze Weile lang falsch zu schreiben, ehe ihnen jemand sagt: Das ist so aber nicht richtig. Und was ist dann? Dann ist doch das Geheule groß! Und wie reagiert so ein Kind, wenn ihm plötzlich der Boden unter den Füßen weg reißt? Das ist doch nicht hilfreich, oder?
Was ist die Folge?
Eine der Folgen ist, dass wir Kinder heran ziehen, die in den ersten Jahren weder vernünftig schreiben noch lesen lernen. Dabei ist das Gehirn in jungen Jahren so aufnahmefähig. Es wäre quasi kinderleicht dem Kind was Neues beizubringen, und das sehr schnell sogar, wenn man nur weiß wie man es anstellen muss. Wenn man das Kind aber selbstständig etwas erlernen lassen will, was es nicht kann, dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß, dass das Kind das auch alles versteht. Man gibt doch zumindest ein paar grundlegende Regeln mit auf den Weg. Beispielsweise, dass sich ein Wort wie Maschine nicht mit ie schreibt.
Oder solche Eselsbrücken wie etwa „Wer nämlich, ziemlich und dämlich mit H schreibt, ist nämlich ziemlich dämlich“. Warum kann man den Kindern nicht erst einmal die wichtigsten Grundlagen beibringen? Dann weiß das Kind auch, wie es nachfolgend richtig liest und schreibt!
Selbstständiges Lernen ist also schlecht?
Keineswegs. Allerdings, benötigt man dafür erst einmal die richtigen Grundlagen. Man muss erst das Krabbeln lernen und dann das Laufen. Dementsprechend muss das Kind erst einmal wissen wie man richtig liest und schreibt. Das macht es in der Zukunft leichter. Vielleicht kann das Kind dann so ab dem 13. oder 14. Lebensjahr eigenständige Arbeiten machen, dann sitzen auch alle Grundlagen und das Kind ist zum eigenständigen Lernen bereit. Aber vorher ist es nicht besonders sinnvoll, oder?
Wie will man denn auf etwas aufbauen, wo noch keine Basis vorhanden ist? Das Haus steht ja auch auf einem Fundament, und erst wenn man Zähne hat, kann man etwas vernünftig kauen, oder?